One su hodile

In früheren Zeiten hatten die Menschen ein hartes Leben, und die Milchfrauen litten am meisten. Jeden Morgen vor fünf Uhr schnallten sie sich einen Korb mit dreißig bis vierzig Litern Milch auf den Rücken und gingen so beladen nach Opatija, damit die wohlhabenden Bürger frische Milch zum Frühstück bekamen. Die Mlekarice – so nannte man diese Frauen in der Region – konnten ihren Zeitplan nicht nach dem Wetter richten: Bei Regen und Schnee, durch Matsch und Eis, an Sonn- und Feiertagen mussten sie bergab gehen, weil Opatija auf die Milch einfach nicht verzichten konnte.
 
Die Mlekarice hatten feste Lieferadressen, wo sie die Milch in dafür im Freien bereitgestellte Gefäße gossen, um die Herrschaften nicht zu wecken, falls sie noch schlafen sollten. Die Milch wurde jeweils am Ende der Woche oder des Monats bezahlt. Manche Mlekarice gingen Tag für Tag, Jahr für Jahr, über vierzig Jahre lang denselben beschwerlichen Weg, bis sie völlig erschöpft waren.
 
Mit der Lieferung der Milch nach Opatija war ihre Arbeit noch nicht getan. Wenn sie vor der Mittagszeit nach Hause zurückkehrten, wartete oft eine andere Last auf sie. Nachdem sie den Korb abgenommen und etwas gegessen hatten, schnallten sie sich einen neuen Korb auf den Rücken, um das Mittagessen zu den Feldarbeitern oder – im Sommer – in der heißesten Tageszeit zur Heuernte nach Draga zu bringen. Im Winter waren sie morgens meist noch im Dunkeln unterwegs. Bei Vollmond ging das noch halbwegs, ansonsten mussten die Frauen sich mit Öllaternen den Weg erhellen. Wenn es aber windig war, ging die Laterne ständig aus und ließ sich nur sehr schwer wieder anzünden, besonders wenn es auch noch regnete. Mlekarice, die keine Laterne hatten, nahmen eine brennende Kohle vom Herd und gingen damit los, bis sie auf andere Frauen trafen. Ganz zu schweigen davon, wie beschwerlich der Weg bei Eis oder Schnee war…